Status: | Beschluss |
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Beschluss durch: | Landesparteitag |
Beschlossen am: | 19.02.2022 |
Antragshistorie: | Version 1 |
A 11 - Du kannst dich frei entfalten – Jugend
Text
A. 11. Du kannst dich frei entfalten – Jugend
Kindheit und Jugend sind prägende Lebensphasen, die besondere politische
Aufmerksamkeit verdienen. Weil politische Entscheidungen und Vorhaben auch
Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche haben, müssen diese mit ihren Wünschen
und Bedürfnissen stärker im öffentlichen Raum und in der politischen Arbeit
repräsentiert sein. Damit dies in Zukunft noch besser gelingt, wollen wir die
Rechte von Kindern stärken, indem wir auch das Recht auf Beteiligung und den
Vorrang des Kindeswohls in die Landesverfassung aufnehmen.
Auf Basis der Jugendstrategie der Bundesregierung wollen wir eine
jugendpolitische Strategie für Schleswig-Holstein entwickeln, welche die
Interessen und Bedürfnisse von Jugendlichen und jungen Erwachsenen in den
Mittelpunkt stellt. Dabei sollen relevante gesellschaftliche Akteur*innen wie
beispielsweise der Landesjugendring und die Landesschüler*innenvertretungen
beteiligt werden.
Wir setzen uns dafür ein, dass der Bund einen Digitalpakt für Offene Kinder- und
Jugendarbeit, Jugendverbandsarbeit und Jugendhilfe auf den Weg bringt.
Außerschulische Lernorte eignen sich hervorragend für das gemeinsame Entwickeln
von Medienkompetenz. In den Kommunen brauchen
Jugendarbeiter*innen und Sozialarbeiter*innen einen rechtlichen Rahmen im Sinne
des Datenschutzes, um zeitgemäß medienpädagogisch zu arbeiten.
Um Gesetzesfolgen für junge Menschen abschätzen zu können, soll perspektivisch
bei neuen Gesetzen ein Jugend-Check eingeführt werden. Die Ausgestaltung des
Jugend-Checks soll gemeinsam mit junge Menschen entwickelt werden.
A. 11. 1. Konsequente Beteiligung von Kindern und Jugendlichen
Wir setzen uns für eine flächendeckende und konsequente Beteiligung von Kindern
und Jugendlichen auf allen politischen Ebenen sowie in der Kita, der Schule, der
Jugendarbeit und in der Jugendhilfe, etwa in der Heimerziehung und in
Pflegefamilien ein. Auf Landesebene streben wir die Bildung einer
Landesjugendvertretung an, in der verschiedenste Gruppen junger Menschen
vertreten sein sollen. Partizipationsmöglichkeiten müssen niedrigschwellig und
zielgruppenspezifisch gestaltet werden, um möglichst vielen jungen Menschen die
Teilnahme zu ermöglichen. Dazu braucht es eine ausreichende Ausstattung, für die
wir uns auf den verschiedenen politischen Ebenen einsetzen werden.
Dazu setzen wir auf mehr Verbindlichkeit für die Bildung von
Schüler*innenvertretungen und Kinder- und Jugendbeiräten und sehen den Einsatz
von pädagogischen Geschäftsführungen für eine erfolgreiche Arbeit als notwendig
an. Kinder- und Jugendbeiräten wollen wir mehr Möglichkeiten im schulischen Raum
zugestehen. Schüler*innenvertretungen wollen wir einen besseren Zugang zu
kommunalpolitischen Gremien einräumen. Beide sollen miteinander verzahnt und
vernetzt werden dürfen. Dafür werden wir die Amts-, Gemeinde- und Kreisordnung
sowie das Schul-und Jugendfördergesetz harmonisieren und eine Mustersatzung für
Kinder- und Jugendbeiräte erlassen. Ein Kinder- und Jugendbeauftragter des
Landes soll die Kinder- und Jugendbeteiligung künftig evaluieren und
fortschreiben, damit weitere Maßnahmen identifiziert und auf den Weg gebracht
werden können.
A. 11. 2. Kinder- und Jugendarbeit, Freizeitgestaltung
Junge Menschen brauchen Freiräume, um sich über die eigenen Wünsche und Ziele
bewusst zu werden und das am besten im Kontakt mit Gleichaltrigen. In Schleswig-
Holstein wollen wir mit jugendgerechter Infrastruktur im öffentlichen Raum
Rückzugs- und Aufenthaltsräume schaffen, in denen junge Menschen unter sich sein
können und die auch informelle und spontane Begegnungen ermöglichen. Offene
Kinder- und Jugendarbeit zum Beispiel in Jugendzentren sind wichtige
Anlaufstellen für Kinder und Jugendliche jeden Alters und unterschiedlicher
Lebenslagen. Diese Orte wollen wir finanziell unterstützen und ein Programm
aufsetzen, um diese klimaneutral zu erneuern, auszubauen und neu zu eröffnen.
Auch jugendgerechte Kultur, Sport- und Freizeitangebote wollen wir insbesondere
in den ländlichen Räumen und in armutsgefährdeten Stadtteilen stärker fördern.
Zudem wollen wir Sportvereinen
und Jugendzentren ermöglichen, Jugendlichen eSport-Angebote Vorort zu machen.
Um bedarfsgerechte Angebote bereitzustellen, sollen die Bedürfnisse von jungen
Menschen daher auch in die Stadtplanung und die Gestaltung des öffentlichen
Raums miteinbezogen werden. Eigene Projekte von Jugendlichen können dabei neue
Impulse setzen.
Zudem unterstützen wir die Schulen und Träger*innen mit einem Aktionsplan gegen
Rassismus, Gewalt und Sucht und gehen damit präventiv auf die Jugendlichen zu.
Zugleich wollen wir die Rechtsansprüche für individuelle Beratung und
Unterstützung im SGB VIII umsetzen und Einrichtungen und
Jugendhilfeinstitutionen fördern.
Wir werden prüfen, ob und wie der im Ampelkoalitionsvertrag beschlossene
Bildungs- und Teilhabepass mit den Leistungen des Bundes sowie bereits
bestehenden kommunalen Angeboten verschränkt werden kann.
A. 11. 3. Kinder vor Gewalt schützen
Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Schutz in allen Lebensbereichen. Die
UN-Kinderrechtskonvention sichert jungen Menschen das Recht auf sicheres
Aufwachsen und eine gewaltfreie Erziehung zu. Das Kindeswohl muss immer Vorrang
haben. Einrichtungen und Organisationen, denen Kinder und Jugendliche anvertraut
sind, bieten die besten Ansatzpunkte zur Gewaltprävention. Hier machen Kinder
sehr früh in ihrem Leben prägende Erfahrungen, was das Leben in der Gemeinschaft
betrifft, ihre Gefühle und Grenzen wahrzunehmen und zu zeigen, eigene
Bedürfnisse durchzusetzen, sich zu wehren, aber auch sich Unterstützung zu
holen, wenn sie alleine nicht zurechtkommen. Sie sind auch die Orte, an denen
Erzieher*innen und Betreuer*innen bereits frühzeitig häusliche Gewalt erkennen
und entsprechende Maßnahmen ergreifen können.
Eine gute personelle Ausstattung der Allgemeinen Sozialen Dienste der
Jugendämter ist Voraussetzung für einen wirksamen Kinderschutz. Wir setzen uns
auf kommunaler Ebene für eine spürbare Verbesserung ein.
Im Kontext dessen wollen wir gemeinsam mit den Kommunen konkrete
Qualitätsstandards für die Personalbemessung einführen. Gleichzeitig wollen wir
Kommunen bei der Einführung und Umsetzung von sozialraumorientierten Konzepten
und Sozialraumanalysen unterstützen und diese entsprechend fördern.
Zudem wollen wir Ämter und Familien bei der Suche nach Hilfs- und
Unterstützungsangebote erleichtern, indem wir ein landesweites Portal für alle
stationären, teilstationären und ambulanten Hilfsangebote im Bereich des SGB
VIII einführen.
In der Pflegekinderhilfe wollen wir die Rahmenbedingungen des Kinder- und
Jugendstärkungsgesetzes (KJSG) umsetzen und eine Qualitätsoffensive starten. Wir
werden prüfen, wie die Arbeit der sechzehn Pflegekinderdienste im Land besser
koordiniert und kreisübergreifende Fortbildungsangebote für Pflegeeltern und
Fachkräfte angeboten werden können.
In einer positiven und vertrauensvollen Umgebung werden Kinder ermutigt, ihre
Wünsche und Beschwerden zu äußern und sich einzubringen. Dies fördert das
Kindeswohl und ist der beste Schutz vor Gewalt. Für einen wirksamen Kinderschutz
müssen flächendeckend alle Institutionen, die mit Minderjährigen in Kontakt
sind, also neben Kitas und Schulen auch Sportvereine, Musikschulen und
Freizeiteinrichtungen wie z.B. Schwimmbäder, verpflichtend Schutzkonzepte
einführen und diese wirksam umsetzen und leben. Dazu gehören Schulungsangebote
für alle haupt- und ehrenamtlichen Erwachsenen. Die Institutionen werden
unterstützt, ein entsprechendes Schutzkonzept zu erarbeiten.
Einrichtungen für Kinder und Jugendliche müssen Orte sein, an denen Kinder,
junge Menschen und deren Eltern Hilfe und Rat finden können, an denen
Gefährdungen und Belastungen erkannt und Unterstützung angeboten werden kann.
Die Einrichtungen müssen Orte sein, die keinen Raum für Missbrauch lassen und
dementsprechend verbindliche Standards setzen.
Zur Umsetzung dieses Ziels wollen wir eine Kinderschutzkommission in Schleswig-
Holstein einrichten. Kinder und Jugendliche sollen über manipulative
Kommunikationstechniken aufgeklärt werden, damit sie lernen zu erkennen, wann
sie zu Handlungen gedrängt werden sollen, zu denen sie normalerweise nicht
bereit sind. Nur aufgeklärte Kinder und Jugendliche können "Nein" sagen. Darüber
hinaus soll die Beschwerdestelle für Kinder- und Jugendliche am schleswig-
holsteinischen Landtag mit Blick auf Missbrauchsfragen weiter ausgebaut und für
alle Kinder und Jugendlichen zugänglich gemacht werden. Auch das
Landespräventionsprogramm zum Schutz vor sexualisierter Gewalt werden wir
weiterhin fortsetzen und die Fachaufsicht des Landesjugendamtes stärken. Wir
befürworten die Etablierung von Aufklärungsprogrammen zur sexualisierten Gewalt
gegen Kinder und Jugendliche auch im Kontext schulischer Curricula, die die
Sensibilisierung von Lehrkräften voraussetzt.