Status: | Beschluss |
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Beschluss durch: | Steffen Regis |
Antragshistorie: | Version 1 |
C 9 - Schleswig-Holstein ist eine freiheitlich-vielfältige Demokratie
Text
C. 9. Schleswig-Holstein ist eine freiheitlich-vielfältige Demokratie
Gerecht, freiheitlich und vielfältig – das macht für uns GRÜNE eine Demokratie
aus. Diese Werte wollen wir in Schleswig-Holstein schützen und stärken. Dafür
wollen wir GRÜNE auch weiterhin und noch verstärkt Verantwortung tragen.
Innenpolitik muss immer darauf ausgerichtet sein, den inneren Zusammenhalt zu
stärken, um gegen demokratiefeindliche Strömungen zu wirken. Wir möchten die
Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass alle Menschen in unserem Land gemeinsam
sicher leben und sich frei entfalten können.
Nicht erst seit der Pandemie wissen wir, dass die Freiheitsrechte der Menschen
in unserem Land ein hohes Gut darstellen. Staatliche Institutionen mit
Sicherheitsaufgaben müssen daher rechtsstaatlich, bürger*innenfreundlich und
transparent handeln. Wir GRÜNE folgen dabei dem Grundsatz „Prävention vor
Repression“, bauen auf eine starke Zivilgesellschaft und einen handlungsfähigen
Staat.
C. 9. 1. Starke Demokratie
Unsere Demokratie ist stark, lebendig und vielfältig. Wir wollen dafür sorgen,
dass das so bleibt. Partizipation, Selbstbestimmung und Inklusion kann man nicht
früh genug üben. Daher wollen wir die Demokratiebildung von Kita bis Hochschule
sowie in der Erwachsenenbildung stärken.
Wir wollen weiter daran arbeiten, die Volksvertretung in Land und Kommune
paritätisch zu besetzen. Eine paritätische Ausgestaltung der Direktmandate
werden wir prüfen. Bei den Regelungen werden wir Menschen, die weder männlich,
noch weiblich sind, bedenken. Wir wollen die Privatsphäre von Kandidierenden zu
Wahlen schützen. Die Angabe von Erreichbarkeitsadresse und Postleitzahl auf
Wahlzetteln soll zukünftig ausreichend sein. Das schützt all diejenigen, die
sich aufgrund gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit unter den jetzigen
Bedingungen scheuen, an Wahlen teilzunehmen.
Der Landtag ist eine tragende Säule unserer parlamentarischen Demokratie. Wir
werden uns für eine angemessene Mittelausstattung des parlamentarischen Betriebs
einsetzen.
Es ist gut, dass nun endlich die Möglichkeit für Online-Volksinitiativen
geschaffen wurden. Wir wollen die Plattform benutzer*innenfreundlicher und
niedrigschwelliger machen. Das Petitionsrecht wollen wir verbessern.
Wir wollen echte Partizipation für bislang zu wenig sichtbare Gruppen. Menschen
aus Nicht-EU-Ländern sollen bei uns auch kommunal und zum Landtag wählen dürfen.
C. 9. 2. Transparente Demokratie
Politik muss nachvollziehbar und frei von wirtschaftlichen Interessenkonflikten
sein. Jede*r Abgeordnete des schleswig-holsteinischen Landtags ist
Repräsentant*in der Demokratie und trägt Verantwortung für das Vertrauen in die
Politik.
Das Abgeordnetenmandat muss im Mittelpunkt der Tätigkeit stehen. Wir wollen
Lücken in den bestehenden Transparenzregeln schließen und setzen uns dafür ein,
dass alle Landtagsabgeordneten verpflichtet werden, ihre unentgeltlichen
Nebentätigen sowie alle bezahlten Nebentätigen, Spenden und sonstigen
Zuwendungen ab dem ersten Cent öffentlich aufzuführen.
Auch in Schleswig-Holstein wollen wir ein verpflichtendes Lobbyregister
einführen, in welches jede externe einflussnehmende Organisation eingetragen
werden muss, und bei Gesetzgebungsverfahren offenlegen, welchen Einfluss Dritte
im Verfahren haben
C. 9. 3. Bürger*innenräte
Direkte Beteiligungsmöglichkeiten für Menschen jeden Alters und unabhängig von
ihrer Staatsangehörigkeit bereichern die Demokratie. Mit Bürger*innenräten soll
die Möglichkeit geschaffen werden, bei ausgewählten Themen Bürger*innen noch
direkter in Politik und Gesetzgebung einzubinden. Bürger*innenräte sollen auf
Landes- und kommunaler Ebene gesetzlich verankert werden. Ihre Einberufung soll
durch Beschluss des Landtags und der Kommunen sowie durch Volksinitiative bzw.
Bürger*innenbegehren möglich sein. Regierung und Parlament bzw. die
Kommunalvertretung müssen sich mit den Ergebnissen auseinandersetzen, ihnen aber
nicht folgen. Folgen sie den Vorschlägen nicht, können die Initiator*innen einer
vorausgegangenen Volksinitiative bzw. eines Bürger*innenbegehrens verlangen,
dass über die Ergebnisse des Bürger*innenrates ein Volksentscheid bzw.
Bürger*innenentscheid durchgeführt wird.
C. 9. 4. Kommunale Demokratie verbessern
Wir wollen in den Kommunen mehr Beteiligung und Vielfalt schaffen. Wir wollen
daher, dass Kinder und Jugendliche entweder in Beiräten oder über Beauftragte
bei den Kommunalvertretungen verbindlich beteiligt werden. Das Gleiche gilt für
die kommunale Beteiligung von Menschen mit Behinderungen.
Kommunales Ehrenamt ist eine Herausforderung am Feierabend. Wir wollen das
erleichtern, indem wir die digitale Teilnahme und Beschlussfassung
flächendeckend ermöglichen.
Viele Gemeinden in Schleswig-Holstein haben nicht die Größe, um immer komplexere
Selbstverwaltungsaufgaben allein zu lösen und verlagern daher Aufgaben auf das
Amt oder an Zweckverbände, deren Mitglieder nicht direkt gewählt werden. Wir
wollen deshalb gemeinsam mit den Kommunen analysieren, welche Aufgaben auf
welcher Ebene am besten angesiedelt werden. Daraus wollen wir eine Struktur
entwickeln, die Aufgaben auf allen Ebenen demokratisch legitimiert und effizient
wahrnehmen kann. Gemeindefusionen wollen wir weiter fördern.
Ehrenamtliche kommunalpolitische Arbeit ist Bürger*innenbeteiligung und bildet
das Fundament unserer Gesellschaft. Diese Tätigkeit wollen wir stärken und
unterstützen, zum Beispiel durch niedrigschwellige Fortbildungsangebote.
C. 9. 5. Vor Diskriminierung schützen
Niemand soll aufgrund der Herkunft, des Geschlechts, einer rassistischen oder
antisemitischen Zuschreibung, der Religion, einer Behinderung, der sexuellen
oder geschlechtlichen Identität oder sozialen Herkunft diskriminiert werden.
Diskriminierung erzeugt Benachteiligung für die betroffenen Personen und
Gruppen.
Wir haben mit dem Landesaktionsplan „Echte Vielfalt“ und dem Landesaktionsplan
gegen Rassismus bereits eine gute Basis geschaffen, um Diskriminierung zu
begegnen. Darauf aufbauend wollen wir ein Landesantidiskriminierungsgesetz
schaffen, das alle Diskriminierungsformen im Blick hat. Durch ein solches Gesetz
wollen wir Menschen, die durch Behörden Diskriminierung erfahren, in ihren
Rechten stärken und die Möglichkeit eröffnen, Schadensersatzansprüche gegen das
Land Schleswig-Holstein geltend machen zu können. Ein Verbandsklagerecht soll es
erleichtern, die Ansprüche geltend zu machen.
Um Diskriminierung nachhaltig abzubauen, braucht es neben Gesetzen auch die
kritische gesellschaftliche Auseinandersetzung, sodass wir Diskriminierung
entlernen. Dafür braucht es die Stärkung von zivilgesellschaftlichen
Organisationen und Selbstorganisationen. Sie leisten die größte Arbeit im
Bereich Aufklärung, Sensibilisierung und Selbstorganisation in der Gesellschaft.
Deshalb setzen wir uns für eine dauerhafte, strukturelle finanzielle Förderung
ein, auch um langfristige Planungssicherheit zu gewährleisten. Wir erkennen an,
dass Empowermentarbeit eine wichtige Rolle für von Rassismus und/oder von
Queerfeindlichkeit betroffene Personen darstellt und wollen diese unterstützen.
Wir stehen gegen die Diskriminierung von HIV-positiven und an AIDS erkrankten
Menschen ein. Daher unterschreiben wir als Land Schleswig-Holstein die
Deklaration für einen diskriminierungsfreien Umgang mit HIV-positiven Menschen
im Arbeitsleben und setzen uns dafür ein, dass auch die Landkreise und Kommunen
dies tun.
C. 9. 6. Medien- und Meinungsvielfalt
Eine vielfältige, unabhängige und starke Medienlandschaft ist eine Grundsäule
unserer Demokratie. Wir wollen insbesondere die Medienvielfalt in Schleswig-
Holstein stärken. Mehr als 80% der Zeitungen liegen inzwischen in der
Verantwortung von nur zwei Verlagen. Ein Großteil der lokalen Radiosender gehört
einem Radiounternehmen an und auch das regionale Fernseh-Angebot ist begrenzt.
Gleichzeitig verlieren verlässliche und vertrauenswürdige journalistische
Angebote und Qualitätsinhalte zunehmend ihre wichtige gesellschaftliche Funktion
als Filter und Gatekeeper für unsere Wahrnehmung von und Debatten über Fakten
und Zusammenhänge. Grund hierfür ist die digital ermöglichte Allgegenwärtigkeit
beliebiger medialer Darstellungen und Deutungen.
Die journalistische Qualität und Vielfalt sind Gradmesser und zugleich
Voraussetzungen für die Diskursqualität und Debattenkultur unserer Gesellschaft.
Medienvielfalt, gesellschaftliche Vielfalt und Meinungsvielfalt gehen untrennbar
miteinander einher. Für uns ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk ein
entscheidender Beitrag zum Gemeinwohl, zur regionalen Identitätsstiftung, zur
Meinungsbildung und zur öffentlichen Bildung. Auch um die Akzeptanz der
Bevölkerung zur Zahlung des Rundfunkbeitrages zu erhöhen, werden wir den NDR
dabei unterstützen, sich diverser aufzustellen. Wir setzen uns für eine
vielfältigere Zusammensetzung des Rundfunkrats ein. Wir wollen den öffentlich-
rechtlichen Rundfunk auch im digitalen Raum stärken und über sein klassisches
Tätigkeitsfeld hinaus ein zukunftsfähiges, attraktives digitales und
multimediales Angebot weiterentwickeln.
Wir wollen innovative und unabhängige Medienangebote fördern, die nicht primär
ökonomischen Anreizen folgen. Neben den lokalen Tageszeitungen tragen auch
unabhängige lokale Radiosender und offene Kanäle zur Medienvielfalt bei und sind
Voraussetzung für Meinungsvielfalt und gesellschaftliche Diskurse. Daher setzen
wir uns für den Erhalt der bestehenden Angebote ein und wollen die
flächendeckende Ausweitung des Angebots fördern und ihre Bedeutung durch die
Zusammenarbeit mit Schulen stärken.
Die sozialen Medien haben einen rein kommerziellen Hintergrund, der den sozialen
Aspekt verdrängt. Wir brauchen echte soziale Medien, die die Gesellschaft und
Gemeinschaft in ihrer Vielfalt stärken und regionalen sowie lokalen
Informationsbedürfnissen Rechnung tragen.
Wir unterstützen die Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein (MA HSH) in ihrer
Funktion als Medienaufsicht, bei der Zulassung von Medien und in der Stärkung
der Medienkompetenz von Bürger*innen. Wir werden die MA HSH in ihrer Arbeit zur
Kontrolle der großen Tech-Konzerne wie Google und Facebook stärken. Hate-Speech,
Sexismus und Rassismus, ebenso wie die Verbreitung von illegalen und
demokratiefeindlichen Inhalten, dürfen nicht außerhalb der Verantwortung der
Plattformen durch begünstigende Algorithmen automatisiert vorangetrieben werden.
Um diesem Anspruch gerecht zu werden, brauchen wir eine starke MA HSH.