Als ich die Überschrift des Kapitels gelesen habe, dachte ich "Ja! Genau!". Leider fand ich nicht das, was ich darunter verstand (verstehe aber nach Lesen des Kapitels, wie die Überschrift gemeint ist :-) ).
Seit fast 10 Jahren mache ich Rechtsberatung für die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein. Immer wieder stelle ich fest, dass die Verbraucher*innen ihre Rechte nicht ansatzweise kennen, sich nicht trauen, ihre Rechte wahrzunehmen, die Kosten scheuen oder zu spät zur Beratung kommen. Mieter*innen wohnen über Jahre in Wohnungen mit Schimmel, stimmen Mieterhöhungsverlangen der Wohnungsbaugesellschaften zu, weil sie denken, dazu verpflichtet zu sein (was übrigens dazu führt, dass die ortsübliche Vergleichsmiete steigt und somit Mieten legal erhöht werden dürfen, die Vergleichsmiete weiter steigt, Mieten wieder legal erhöht werden dürfen,...). Verbraucher*innen fallen auf betrügerische Anrufe rein, denken irrtümlich, dass mündliche Vertragsschlüsse, z.B. am Telefon, nicht wirksam seien, dass man ja sowieso immer ein Umtauschrecht hätte, dass sie beim Umzug Telefonverträge unbeachtlich der vereinbarten Mindestvertragslaufzeit kündigen könnten, dass man Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen durch illegalen Download von Filmen, Musik oder Bildern nicht ernstzunehmen braucht, sie tappen im Internet in sog. Abo-Fallen oder gehen anderen Betrügern auf den Leim,... Ich könnte die Liste weiterführen... Aber es ist immer das gleiche.
Jede*r von uns wird oder hat wohl einmal in seinem Leben zur Miete gewohnt. Der Gesetzgeber hat die Rechte der Mieter*innen seit den 1960er Jahren enorm gestärkt. Viele Vermieter*innen verhalten sich nach Gutsherrenart. Die Mieter kennen ihre Rechte nicht, lassen sich einschüchtern oder abwimmeln, so dass die vom Gesetzgeber gewollte Stärkung teilweise komplett ins Leere läuft.
Viele Verbraucher*innen scheuen die Wahrnehmung und Durchsetzung ihrer Rechte aus Angst vor den Kosten. Die Angebote von Beratungsstellen sind daher wichtig und werden an anderer Stelle des LTW-Programms berücksichtigt. Aber jede*r von uns ist einmal zur Schule gegangen. Vor dem - und egal welchem - Schulabschluss, sollte jede*r Schüler*in Basiskenntnisse zum Mietrecht und Kaufvertragsrecht (vor allem in Zeiten des Internets) haben.
Außerdem sollten die Beratungsangebote und die Möglichkeiten der Beratungshilfe und Prozesskostenhilfe in den Schulen bekannt gemacht werden. Jede*r hat - unabhängig vom Einkommen - Zugang zu Rechtsrat! Rechtsanwält*innen Beraten und Vertreten bei geringem Einkommen auf Kosten der Staatskasse.
Wir bräuchten (am besten coole) Jurist*innen, die den Schüler*innen auf Augenhöhe und in deren Sprache einen Einstieg in ihre Rechte mit auf den Weg ins "Wahre Leben" nach der Schule geben und zugleich die Scheu nehmen, eine Rechtsanwaltskanzlei oder zumindest Beratungsstellen aufzusuchen, um sich helfen zu lassen.
Kommentare
Benita v. Brackel-Schmidt:
Tanja Matthies:
Anke Erdmann:
Tanja Matthies:
Ich habe mir gerade die Seite des IQSH angesehen. Das sieht toll aus! Ja, ich denke, das wäre ein guter Ansatz. Danke! Ich melde mich bei Dir! :-)