Status: | Beschluss |
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Beschluss durch: | Landesparteitag |
Beschlossen am: | 19.02.2022 |
Antragshistorie: | Version 1 |
A 1 - Du bekommst alle Chancen für deine Zukunft - Frühkindliche Bildung
Text
A. 1. Du bekommst alle Chancen für deine Zukunft - Frühkindliche Bildung
Von klein auf lernen wir. Jeden Tag, unser ganzes Leben lang. In einer sich
rasant verändernden Welt mit stetig wachsendem Wissen ist es wichtig, dass die
Teilhabe an guter Bildung für alle Menschen in diesem Land gleichermaßen möglich
ist – unabhängig von ihrem finanziellen oder familiären Hintergrund. Interessen,
Neigungen und Fähigkeiten sollten frühzeitig entwickelt und gefördert werden
können. Dazu zählen auch handwerkliches Geschick, musische und künstlerische
Begabung.
Kitas legen als Bildungseinrichtung die Basis, um Interessen und Talente zu
erkennen und zu fördern, Neugier zu wecken und vielfältige Kompetenzen zu
entwickeln.
A. 1. 1. Von klein auf gut behütet in Kitas, Krippen und Betreuungsangeboten
Qualitativ hochwertige, bedarfsgerechte und bezahlbare Angebote für alle Kinder,
das ist unser Ziel. Denn Kinder brauchen einen verlässlichen Entwicklungsraum,
in dem alle Kinder Chancen auf ein gutes und geborgenes Aufwachsen, Entdecken
und Lernen haben. Wir begreifen die Kita als Bildungsort und setzen auf eine
ganzheitliche Entwicklungsförderung. Hierfür sind Natur- und
Bewegungserfahrungen sowie Sprach-, Lese- und Vorleseförderung elementar
wichtig. Gemeinsam gestaltete Ernährungsbildung von pädagogischen Fachkräften
und Hauswirtschaftler*innen - vom Naschgarten über das gemeinsame Kochen in der
Kinderküche bis zur Esskultur in der Einrichtung - muss im
Kindertagesstättengesetz verankert werden. Eine Überarbeitung der
Bildungsleitlinien des Landes Schleswig-Holstein ist fast 20 Jahre nach der
Erstveröffentlichung erforderlich, um Veränderungen in der Lebenswelt von
Kindern und Familien im Blick zu behalten.
Wir setzen uns für die Schaffung von mehr Grünflächen als Spiel- und Lernorte
ein. Für die kindliche Entwicklung sind uns Naturerleben, Kompetenzerwerb und
die Sinnesschulung in der Natur wichtig, die durch regelmäßige Ausflüge an
einrichtungsnahe Orte gefördert werden. Wald- und Naturkindergärten sind für uns
eine wichtiger Pfeiler der frühkindlichen Erziehung, welche im speziellen zu
einer gesteigerten Motorik und einem Naturbewusstsein des Kindes beiträgt.
Kitas sind ein wichtiger Ort für Kinder, an dem sie soziale und emotionale
Kompetenzen entwickeln können. Dabei ist es auch wichtig, dass Kinder mit
belastenden oder gar traumatisierenden Erfahrungen gute Unterstützung erhalten.
Dafür werden wir das bestehende Landesprogramm TiK-SH („Traumapädagogik in
Kindertagesstätten und Familienzentren“) fortführen und gegebenenfalls ausbauen.
Kitas legen als Kinderstube der Demokratie den Grundstein für das Erleben von
Partizipation und für späteres gesellschaftliches Miteinander. Wir begrüßen die
zahlreichen Modellprojekte von Trägern für die Partizipation von Kindern und
wollen daraus einen Qualitätsbaustein für alle Kitas entwickeln.
Wir wollen Projekte zur Lese- und Sprachförderung, wie beispielsweise die
„Lesepaten“, weiter ausbauen und Kitas in der Durchführung bestärken.
Auch andere Betreuungsformen wie die Kindertagespflege leisten einen
unverzichtbaren Beitrag in der Kindertagesbetreuung und müssen deshalb immer
mitgedacht werden. Wir setzen uns für eine kontinuierliche Verbesserung der
Beratungs- und Fortbildungsangebote und damit einhergehende Aufwertung der
Kindertagespflege ein. Den Austausch und die Vernetzung möchten wir verbessern.
Für die Kommunen werden wir Handlungsempfehlungen erarbeiten (z.B. zu
Vertretungsregelungen).
A. 1. 2. Kita-Reform 2.0
Mit der großen Kita-Reform haben wir in der letzten Wahlperiode für landesweit
einheitliche Mindeststandards gesorgt. Wir haben die maximal zulässige
Gruppengröße verkleinert, den Fachkraft-Kind-Schlüssel angehoben. Darüber hinaus
haben wir im Zuge der Reform die Kommunen durch höhere Betriebskostenzuschüsse
und die Eltern durch die Deckelung der Kita-Gebühren sowie die Einführung einer
landesweiten Geschwisterermäßigung entlastet.
Unser Schwerpunkt liegt in der weiteren Verbesserung der Qualität in den Kitas.
Das bedeutet vor allem eine weitere Entlastung durch mehr Personal. Trotz oder
gerade wegen des bestehenden Fachkräftemangels müssen wir hier für weitere
Entlastung sorgen. Die Mindestverfügungszeiten, die Erzieher*innen und anderen
für die Vor- und Nachbereitung zur Verfügung steht, haben wir mit der Kita-
Reform bereits angehoben und wir wollen sie um mindestens eine weitere Stunde
aufstocken.
Für die Inklusion von Kindern müssen perspektivisch nicht nur Inklusionszentren,
sondern Heilpädagog*innen in allen Kitas zur Verfügung stehen. In einem ersten
Schritt wollen wir den großen Einrichtungen mit mehr als vier Gruppen je eine
heilpädagogische Kraft zur Verfügung stellen. Wir wissen, dass das aufgrund des
Fachkräftemangels eine große Herausforderung ist und werden deshalb unsere
Anstrengungen verstärken, Menschen für diesen Beruf zu gewinnen. Vorübergehend
werden wir Möglichkeiten schaffen, dass die Kitas auch andere geeignete Personen
zur Unterstützung einstellen können.
Wir GRÜNE wissen um die finanziellen Herausforderungen für die Eltern. Gebühren
dürfen keinen Ausschluss für die Inanspruchnahme der frühkindlichen Bildung
darstellen. Gleichzeitig wollen wir die Qualität der Betreuung in den Kitas
sicherstellen. Um Familien finanziell zu entlasten, werden wir die
Geschwisterermäßigung deutlich ausweiten, weg von einem System nur für
KiTakinder hin zu einer Familienermäßigung.
Mittelfristig streben wir die Beitragsfreiheit an. Zusätzlich wollen wir die
Sozialstaffel weiter verbessern, damit jedes Kind einfach Zugang zu
frühkindlicher Bildung erhält. Den Gebührendeckel wollen wir schrittweise weiter
senken, inklusive der Verpflegungskosten.
Damit der bestehende Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz für Kinder ab einem Jahr
überall im Land erfüllt werden kann, ist es unser Ziel, für zusätzliche
Kitaplätze entsprechend des Bedarfs zu sorgen.Wir investieren weiterhin in den
Ausbau von Plätzen und wollen, dass Träger und Kommunen Bauzuschüsse leichter
beantragen können. Auch bei einem Zuzug oder Umzug muss sichergestellt sein,
dass Kinder einen Platz in einer Kita bekommen. Besonders im Jahr vor Eintritt
in die Grundschule wollen wir sicherstellen, dass alle Kinder beim Schulstart
die gleichen Chancen haben. Dazu wollen wir auch flexible Modelle mit guter
Sozialstaffel und ganzheitlichen Spiel- und Entdeckungsangeboten ermöglichen,
fließende Übergänge und enge Kooperationen zwischen Kita und Schule
unterstützen, denn Kinder sind auch im vorschulischen Alter in ihren
Entwicklungen unterschiedlich weit.
Der Ausbau der digitalen Infrastruktur in Kindertageseinrichtungen ermöglicht
eine Vereinfachung der Dokumentationspflicht, eine bessere Kommunikation und
Zusammenarbeit mit Eltern sowie altersangemessene medienpädagogische Arbeit.
Dafür braucht es ein Rahmenkonzept des Landes, das Trägern von
Kindertageseinrichtungen Orientierung gibt und im KiTaG verankert werden muss.
Zudem wollen wir im Gebührensystem die Unterteilung der Betreuungszeit in Kern-
und Randzeiten abschaffen. Die wöchentliche Höchststundenzahl der Betreuung
wollen wir zugunsten einer monatlichen Maximalstundenzahl verändern. Sehr frühe
oder späte Arbeitszeiten beispielsweise in medizinischen Bereichen, dem
Einzelhandel oder Handwerk sollen zu keinem finanziellen Nachteil führen. Wir
wollen das Gebührensystem für Nachtschlafzeiten zugunsten der Eltern überprüfen.
Wir begrüßen, dass die Kita-Reform Flexibilisierungen wie die Einrichtung von
altersgemischten Gruppen ermöglicht. Wir wollen auch in der Nachmittagsbetreuung
Familiengruppen ermöglichen, damit Krippen-, Elementar- und Hortkinder dort
gemeinsam betreut werden können. Außerdem kann eine Freigabe der Kita-Räume in
den Randzeiten für Tagesmütter-/Tagesväter oder Eltern gut zum Alltag der
Familien passen und die Betreuung erleichtern. Wir wollen die gesellschaftliche
Akzeptanz der Kinderbetreuung auch zu bisher ungewöhnlichen Uhrzeiten durch eine
öffentlichkeitswirksame Kampagne voranbringen.
Die Reduzierung der Schließtage durch die Kita-Reform begrüßen wir. Wir werden
prüfen, ob statt einer starren Schließzeitenregelung eine flexible
Urlaubseinteilung im Sinne einer dreiwöchigen individuellen Familienzeit auch in
kleinen Einrichtungen umgesetzt werden kann und welche Unterstützungen hierfür
gegebenenfalls notwendig sind.
Kinder sind auch im vorschulischen Alter in ihren Entwicklungen unterschiedlich
weit. Wir wollen deshalb Modelle mit fließenden Übergängen und engen
Kooperationen zwischen Kita und Schule unterstützen.
A. 1. 3. Fachkräfte stärken, Strukturen ausbauen
Gut qualifizierte Fachkräfte sind der Schlüssel zu guten Kitas. Wir GRÜNE haben
in den vergangenen Jahren viel für die Gewinnung von Fachkräften im
pädagogischen Bereich getan. Wir haben die Zahl der Plätze an Fachschulen
aufgestockt, die praxisintegrierte Ausbildung (PiA) eingeführt und als Land
finanzielle Mittel zu deren Kofinanzierung für die Träger bereitgestellt. Mit
der Kita-Reform haben wir die Arbeitsbedingungen für das pädagogische Personal
verbessert und außerdem einen dualen Masterstudiengang auf den Weg gebracht, in
dem Lehrkräfte für die Fachschulen für Sozialpädagogik ausgebildet werden.
In der kommenden Wahlperiode wollen wir durch weitere Verbesserungen der
Arbeitsbedingungen und Weiterentwicklung der Ausbildungsgänge mehr Menschen für
die Arbeit in Kitas gewinnen.
Genauso wichtig sind jedoch auch gute Arbeitsbedingungen und
Aufstiegsmöglichkeiten, so dass der Beruf dauerhaft attraktiv bleibt und neue
Fachkräfte in die Tätigkeit einsteigen. Dazu gehört die Anhebung des
Gehaltsniveaus für alle pädagogischen Beschäftigungsgruppen. Insbesondere muss
die Eingruppierung der sozialpädagogischen Assistent*innen (SPA) im
Standardqualitätskostenmodell (SQKM) verbessert werden.
Neben den erweiterten Verfügungszeiten wollen wir bereits im Beruf tätige
Fachkräfte durch berufsbegleitende Weiterbildungs- und
Unterstützungsmöglichkeiten stärken.
Für den Fachkräftenachwuchs sollen die bewährten Berufsfachschul- und
Fachschulausbildungen und auch die praxisintegrierte Ausbildung (PiA) für
Erzieher*innen, bei der die Auszubildenden ein Ausbildungsentgelt erhalten,
weiterentwickelt und ausgebaut werden. Gemeinsam mit Bund und Kommunen wollen
wir eine Vergütung in allen Ausbildungskonzepten erwirken. Die
Zugangsvoraussetzungen für die Erzieher*innen-Ausbildung wollen wir evaluieren
und die Zahlung eines Ausbildungsentgelts für sozialpädagogische Assistent*innen
(SPA) prüfen.
Kitas, die ausbilden oder Menschen im Quereinstieg begleiten, erhalten dafür
Anleitungsstunden. Bestehende Angebot für den Quereinstieg in den
Erzieher*innenberuf wollen wir erweitern. Außerdem soll den Fachkräften durch
die Entlastung bei Verwaltungstätigkeiten oder hauswirtschaftlicher Arbeit mehr
Zeit für die pädagogische Arbeit bleiben.
Das Betreuungsangebot für Kinder in der Tagespflege unterstützen wir weiter. Sie
leistet einen unverzichtbaren Beitrag für viele Kinder.
Qualitative Fortbildungen und Investitionen in räumliche Angebote sollen die
Tagespflege, die besondere Flexibilität bietet, als Berufsfeld noch attraktiver
machen. Höhere Budgets für Auszeiten, Ausstattung und Ausflüge werden wir
prüfen.
A. 1. 4. Inklusion und Integration in der frühkindlichen Bildung
Der Grundstein für eine inklusive und integrative Gesellschaft wird in jungen
Jahren gelegt. Sie beginnt schon bei den Frühen Hilfen, etwa in Kurs-, Bildungs-
und Beratungsangeboten der Familienzentren und Familienbildungsstätten, in denen
sich Kinder aus verschiedenen Kulturen und mit verschiedenen Bedürfnissen
begegnen und gemeinsam spielen und lernen können. Daher wollen wir diese
wichtigen Institutionen noch besser fördern und unterstützen.
Durch das tagtägliche Miteinander der Kinder in den Gruppen und Menschen mit
Behinderungen in den Betreuer*innenteams kann der Entwicklung von Stereotypen
und diskriminierenden Verhaltensweisen entgegengewirkt werden. Daher wollen wir
erreichen, dass geflüchtete Kinder von Beginn an in reguläre Kitas gehen können
und ihre Familien Beratung und Unterstützung erfahren. Nur so kann die
Einbindung in die Gesellschaft erfolgreich gelingen.
Inklusion ist dann erfolgreich, wenn sie mit hohem Engagement und gemeinsam mit
den Familien und Einrichtungen gelebt wird. Dazu sind die entsprechenden
rechtlichen Rahmenbedingungen zu treffen und die personelle Aufstockung
gegebenenfalls anzupassen. In der kommenden Wahlperiode wollen wir die
Kitareform mit dem Schwerpunkt Inklusion weiterentwickeln. Darüber hinaus wollen
wir Menschen mit Behinderung als Fachkräfte in Bildungseinrichtungen einbinden,
um Inklusion auch im Kreis der Beschäftigten wirksam werden zu lassen.
Auch die Gesetzesnovelle des Bundes zum SGB VIII wollen wir nutzen, um Inklusion
als Leitgedanken zu verankern. Die Kinder- und Jugendhilfe soll alle Kinder und
Jugendlichen im Sinne einer inklusiven Lösung gleichermaßen einschließen und auf
individuelle Bedürfnisse eingehen.